Zeitzeuge G. Fischer

Zeitzeugenbefragung: G. Fischer, AG Erinnern, 24.11.2005

Ja mittlerweile sind es 60 Jahre her Frau Gneist hat ja über den GPU-Keller vieles erzählt in der kurzen Zeit und ich war damals 16 Jahre alt, ich bin Jahrgang 1926 und wurde wegen einer kurzen Auskunft in das Polizeirevier Jacobstraße geladen und bin dort hingegangen schlechtes Gewissen hatte ich nicht, wir haben ja wieder gearbeitet und es begann sich so langsam zu normalisieren in (Anführungsstrichen) in Brandenburg für uns war ja eine ganz andere Zeit angebrochen nach dem fürchterlichen Krieg, denn wir hatten unsere Tanzstunde im ....unverständlich ...in der Steinstraße im damals Märkischen Haus .... Philipp Müller na ja und ich bin dahingegangen und der Revierpolizist nahm meine Kenngabe zur Kenntnis und sagte ich sollte Platz nehmen und es dauerte auch nicht lange, da ging die Seitentür auf und da kam eine Russin, Dolmetscherin, der nächste bitte und da war ich dran, ich denke, nanu was wollen die Russen von dir und das ist heute wo die Bars drin sind in diesem Gebäude das war dieses Polizeirevier und in dem Hintergebäude saß die GPU und da sah ich dann einen Offizier sitzen den ich auch in der Tanzstunde gesehen habe, ja wahrscheinlich tanzen lernen wollte mit irgendwelchen Nebenabsichten und er frug nach meinen Personalien und dann sagte er ich sollte mal zur Luckenberger Straße gehen und mich bei Oberst Krieckow melden wegen einer kurzen Auskunft, na ja ich hab zwar nicht verstanden warum ich hatte mit dem Hause nichts zu tun und er schickte mir noch einen Stadtpolizist mit weil seinerzeit noch die Luckenberger Brücke gesperrt war, die war zwar schon wieder auf aufgebaut worden, das war ja Anfang Dezember 1945 und er sagte er schickt den Polizisten mit, damit ich dann auch einwandfrei über die Brücke komme. Nun habe ich mich da gemeldet, wo heute die Zahndentaltechnik drin ist in dem Gebäude. Es war die ehemalige Villa vom Oberbürgermeister und da saß die NKWD und zwar in der ganzen Reihe. Da musste ich ein paar Stunden warten, weil die gerade Mittag hatten, ja dann wurde ich hoch gerufen und dann wurde ich ins Verhörzimmer halb so groß wie dieses Zimmer geführt na ja dann wurde ich noch mal nach meinen Personalien gefragt und dann wurde ich beschuldigt Wehrwolf zu sein. Das habe ich natürlich abgestritten, denn für mich gab es gar keinen Wehrwolf hier in Brandenburg außerdem war ich überhaupt nicht während der Kampfhandlungen in Brandenburg.

Ich kriegte noch im April 1945 eine Einberufung nach Karlsbad zur Segelflugendausbildung. Ich sage, ich war in der Flieger-HJ wir waren Kanonenfutter für die Luftangriffe, auf der anderen Seite war es für uns Sport. Ich habe meine Prüfungen seinerzeit geflogen und man wollte uns als Kanonenfutter dann weiterbilden, uns für die sogenannten Volksflieger aber wir sind nicht mehr zum fliegen gekommen, denn die Jawos beherrschten in Karlsbad die Luft und wir sind dann nach Kommodow gekommen und dort bin ich mit noch 2 Brandenburgern obwohl wir der Wehrmacht unterstellt waren und Todesstrafe uns in Aussicht gestellt wurde bei Flucht, weil paar Tage vorher Jungs in meinem Alter, die aus Westdeutschland stammten, stiften gegangen sind. Da hatte man uns das extra nochmals gesagt, dass die Todesstrafe bei Flucht besteht. Trotzdem sind wir abgehauen und haben uns durchgeschlagen unter tollen Erlebnissen bis nach Brandenburg und das war am 20. April 1945 als wir von dort uns auf den Weg machten. Wir waren am 30. April hier in Brandenburg und sind bis zum Arado-Flugplatz gekommen und sind dann mit der 9. und 12. Armee, die von Berlin kam bei Fischbeck über die Elbe gegangen und dort waren wir 2 Tage haben wir auf den Elbwiesen gelegen unter Bewachung der Amerikaner und Engländer die uns da in Empfang nahmen und die uns dann bei Ferchland den Russen wieder ausgeliefert haben. Nun können sie sich ja vorstellen, was sich da abgespielt hat. Wir waren ungefähr 10 – 20-Tausend Mann. Wir wurden auf diese Elbkähne getrieben und auf der anderen Seite waren die Russen und die nahmen uns dann in Empfang und da sind wir nach Kade gekommen auf eine große Wiese, Bahnhof Kade, ich weiß nicht, ob den jemand kennt, da haben wir dann mehrere Tage und Nächte gelegen und sind dann nach Brandenburg ins Quenzlager gekommen, wo früher die sogenannten Ostarbeiter drin waren. Na ja die ersten Tage konnten die Deutschen noch an den Zäunen ran, die guckten ja immer ob irgend welche Bekannte dabei waren und ich will das ja hier nicht weiter ausschweifen, jedenfalls bin ich da stiften gegangen und bin nur nach Hause gekommen und dann kam dieser Tag der 6. Dezember 1945, die kurze Auskunft die ich geben sollte. Ja die kurze Auskunft dauerte nur 4 Jahre, 6 Wochen GPU-Keller ich kann das alles bestätigen, was Frau Gneist alles gesagt hat, Folter, Geständnisse, Erpressung. So ging das Nacht für Nacht und eines Tages habe ich dann gesagt, egal wie du kaputt gehst, du unterschreibst das, das du ein Wehrwolf warst und dann hast du deine Ruhe, denn mein Körper war voll Blut unterlaufen. Ja und dann war Ruhe. Nachdem ich das unterschrieben hatte, war Ruhe. Die Dolmetscherin die mir dann zur Verfügung stand konnte kaum deutsch, so das der Offizier auch alles noch falsch verstanden hat und er dann immer wieder die Wut kriegte und mit seiner Reitgerte und was der alles zur Verfügung hatte, mich zu schlagen und dann hatte ich Ruhe dann bin ich in anderen Keller gekommen, da konnten wir sogar das Fenster aufmachen und konnten gegenüber die Krankenkasse sehen also an der Havel ja und bis etwa Mitte Januar 1946 war ich in dem Keller und wurde in den Transportkeller verlegt und nachts auf LKW verladen mit russischen Wachmannschaften und scharfen Hunden.

Wir saßen alle eingeschachtelt auf blankem Boden, draußen war es kalt auf dem LKW und dann sind wir irgendwo hingefahren worden. Das Ziel war Ketschendorf, das kannte ja keiner heute Fürstenwalde Süd. Da hatte man die Bevölkerung aus der Siedlung rausgetrieben, die gehörte den deutschen Kabelwerken, die mussten alles stehen und liegen lassen, die Russen haben die Möbel rausgeschafft für sich. So wurde aus dieser Siedlung ein Speziallager. Wie ich da reingekommen bin kam ich in Haus 1, da waren die Jugendlichen hauptsächlich untergebracht die sahen aus, die hatten die Kretze von oben bis unten wir konnten uns nicht waschen, genau wie hier im GPU-Keller, das hatte ja Frau Gneist schon gesagt, war keine Waschmöglichkeit und die hatten die Kretze und Flöhe und Wanzen und wir lagen in solchem Zweistockhaus vom Keller bis zum Boden oben mit 600 Jugendlichen auf blanken Dielen. Wir hatten nichts außer die Sachen, die wir am Leibe haben, wobei meine Sachen als ich eingeliefert wurde in den GPU-Keller die wurden sofort von Zivilrussen, die auch inhaftiert waren und das waren wahrscheinlich auch die, die im Sommer 1945 die Familie Wachow ermordeten und die Familie Rolf am Weinmeisterweg die hatten ja die .... da unten zusammen mit den Wachposten diese Sachen die waren also schon mit Flöhen und allem Möglichen behaftet. Ja und diese Häuser diese Siedlungshäuser in Ketschendorf die waren natürlich auch von oben bis unten verwanzt, verlaust und wir konnten uns ja auch nicht waschen. Wir konnten 2 mal am Tage eine halbe Stunde an die frische Luft gehen und dann haben wir dann unsere Kreise gedreht und haben versucht irgend einen Bekannten zu treffen usw. da traf ich dann auch meinen Lehrer und ehemaligen Rektor, der war vollkommen abgemagert den hatte man im Sommer 1945 abgeholt, es verschwanden ja immer Leute, man wusste nicht wohin, es konnte niemand sagen. Den habe ich dann wieder getroffen. Steger. Karl Steger – Nikolaischule. Ein alter Brandenburger. Er war ein Freund von meinem Vater. Ja und wie gesagt es dauerte auch nicht lange dann hatte ich meine Beine mit Phlegmone belegt, die also vollkommen kaputt von oben bis unten Eiterbeulen, Wundwasser, als Arzt können sie das ja verstehen wie das ist. Sie sind Arzt, ach nein ich dachte. Habe ich mich geirrt, Entschuldigung. Das auf der anderen Seite Nervenklinik, da habe ich das vorausgesetzt. Na ja, kurze Rede, kurzer Sinn. Medikamente waren nicht vorhanden. Im April 1946 Ostersonnabend sind wir nach Jamlitz verlegt worden, da waren wir 3 Tage unterwegs im Viehwagen und die Toten hat man rausgeholt unterwegs die nicht gestorben, sondern krepiert sind und dann waren wir in Jamlitz angekommen haben wir eine Nacht vor dem Lager gelegen und dann kamen wir in dieses Lager und da ich ja nicht mehr laufen konnte mit diesen Beinen, ich habe gedacht mir faulen die Beine ab, da bin ich dann gleich ins Revier gekommen und da war eine Ärztin ebenfalls Gefangene die hat gesagt, so etwas hat sie in ihrem Leben noch nie gesehen. Frau Doktor Koch, die stammte aus Dresden und die hat nun versucht diese Beine wieder in Ordnung zubringen. Es gab ja kaum etwas, außer Jod in allen Farben, gab es aber dort wenigstens sogenanntes Medigall. Das sah aus wie Honig und da hat die mich mit eingeschmiert und dann hat sie gesagt ich soll mich draußen hinsetzen immer in die Sonne, das Lazarett war ja noch mal abgezäunt und das ging aber auch nicht gut da waren sofort die Fliegen daran. Na ja. Jedenfalls sie hat es einigermaßen hingekriegt und Ende 1946 kam eine Kommission nach Jamlitz und da wurden alle die ausgesucht, die noch einigermaßen, na ja, gut bei .... und dazu gehörte ich auch denn die Untersuchungskommission, die aus Ärzten bestand die untersuchten ja nicht hier wie wir das eigentlich gewöhnt sind, sondern die kniffen nur in den Hintern. Wir haben immer gesagt, Arschbackenvisite und wer da noch ein bisschen was dran hatte der war dann arbeitsfähig. wir wurden ausgesondert, mussten sofort in andere Baracken ziehen und im Übrigen in diesem Lager Jamlitz war es also schlimm, schlimm, schlimm wandelnde Leichnam vor allen Dingen die Älteren die waren abgezerrt nur noch Haut und Knochen. Ich habe Gefangene erlebt, die sind total nervlich kaputt gegangen und es gab keine Hilfe und jeder konnte sich ausrechnen wann er ins Wäldchen wandert, denn im Laufe des Jahres 1946 wurde die karge Ration von 600 Gramm Brot noch mal um 300 Gramm gekürzt und dieses Brot bestand aus Klitsch und Sägespänen. Es war also gebacken mit Sägespänen dieses Brot und dann Wassersuppe, da wurden rohe Kartoffeln reingerieben damit sie bisschen sämig ist also da können sie sich vorstellen wie wir aussahen. Ich habe das nachher verglichen, mich haben nämlich die Nazikonzentrationslager als ich wieder zu Hause war sehr interessiert und ich habe die Vergleiche angestellt, weil von uns gab es ja keine Aufnahme bis heute nicht. Wir wurden nicht fotografiert, aber wir haben genauso ausgesehen. Zerlumpt, zerschlissen, verwanzt, verhungert und ich hatte noch Glück, das ich noch manchmal Kartoffeln schälen konnte, die Jugendlichen hatten sie dann immer noch geholt von der Küche und dann haben wir immer Kascher gekriegt da konnten wir uns satt essen so viel wir wollten und dadurch war eigentlich auch mein Hintern noch einigermaßen straff.

Ja, wie gesagt wir wurden dann ausgesondert und wurden denn nach Ketschendorf verladen, LKW mit Hänger eine Raupe vorne vor und dann sind wir losgefahren so eine LKW-Raupe. Das waren ungefähr 300 Leute aus Ketschendorf alle Jahrgänge und Jugendliche auch natürlich wie ich und dann sind wir nach Ketschendorf zurückgekommen wurden wir gut verpflegt und eingekleidet von alten, mit alten Wehrmachtssachen. Ich hatte eine Tarnjacke die war eine Seite weiß, eine Seite grün vollkommen blutbeschmiert also wahrscheinlich eine Beuteware muss das ja gewesen sein und da wurden wir in Waggons verladen und dann ging es und dann kriegten wir erst noch einmal Wäsche jede Menge aus Hotels, selbst Adlon hatte ich in meinem Seesack drin und die mussten wir mitnehmen, da haben wir gedacht wir kommen ins Sanatorium, denkste, Sanatorium sind wir nicht gekommen. Wir sind dann verladen worden und Richtung Osten und waren, das war am 31. Januar 1947, als wir verladen wurden und waren ungefähr 10 Tage später in Brestlitowsk wo wir auf die breite Spur umgeladen wurden, da wurden noch einmal Untersuchungen angestellt, da wurden noch einmal Leute aussortiert und ich bin gar nicht zur Untersuchung gegangen, weil ich überhaupt nicht konnte. Der Schnee lag meterhoch und nun können sie sich vorstellen, da gehen sie mal, stapfen sie mal durch den Schnee. Ich bin wieder umgekehrt und das ist auch so gar nicht aufgefallen. Meine bekannten Freunde aus Brandenburg in meinem Alter die sind nach Buchenwald zurück transportiert worden und ich bin dann in Sibirien gelandet. In Moskau wurden wir entlaust, da hat man uns noch die, das muss ich noch sagen, die Verpflegungsrationen unterwegs die bestanden aus getrockneten Brote, Walnussgroße, hart wie Stein, Salzhering in der Suppe, Salzhering pur wie er aus dem Fass kommt, kaum was zu trinken, ein Viertel Liter Tee pro Tag, die Waggons waren ausgestattet zwar mit Öfen, nasses Holz es brannte gar nicht die Räume, der Waggon war innen bereift wir haben uns den Reif da haben wir versucht die Feuchtigkeit abzunuckeln, dann hatten wir eine sogenannte Pinkelrinne drin im Waggon das war alles gefroren und da haben wir uns mit der Esskelle es gab dann wie gesagt einmal am Tage warmes Essen die Esskelle voll da haben wir uns wenn wir irgendwo standen mit dieser Esskelle die hatte einen schönen langen Stiel den Schnee reingeholt und denn auf den Ofen wir versuchten ja immer das Holz zu trocknen denn diesen Schnee dann aufzutauen. Das Wasser war rabenschwarz, aber wir haben uns die Lippen befeuchtet manche haben es getrunken. Ich habe es nicht getrunken, aber Hauptsache die Lippen waren befeuchtet. Man konnte ja kaum noch sprechen.

Dann sind wir dann Mitte März da angekommen in Sibirien in Popejewsk, sind ausgeladen worden in ein Lager das bestand aus lauter Erdhütten verwanzt, verflöht, vorher sollen noch Kriegsgefangene drin gewesen sein ja und dann kriegten wir 14 Tage Quarantäne und dann wurden wir zu Arbeitskommandos eingeteilt es gab viele Arbeitskommandos in verschiedenen Richtungen und mein erstes Arbeitskommando war dann Garagenbau in der Stadt Popejewsk und dann müssen sie sich vorstellen, die Stadt Popejewsk im ersten Moment haben wir die immer gesucht, das waren Lehmhütten und Holzhütten auf einen Haufen dazwischen Häuserblocks die bei 15/20 Grad Minus gemauert wurden im Frühjahr blühten die alle da viel der Stuck ab, der Stuck und das war die Stadt und in der Stadt fuhr auch eine Straßenbahn und die sprang an jeder Ecke immer an der gleichen Ecke sprang sie aus den Schienen. Das haben wir alles nachher mitgekriegt wo wir zur Arbeitsstelle gegangen sind aber lange ging das nicht dann kam 1947 der totale Zusammenbruch, sie müssen sich mal vorstellen 2 Jahre Speziallager dann diese schwere Arbeit dieser lange Transport, 6 Wochen, diese schwere Arbeit, der schwere Boden in Sibirien, fett gefroren. Wir mussten dann mit Piken und Schaufeln mussten wir da die Fundamente ausheben oder die Gräben ausheben für die Fundamente und dann kam der totale Zusammenbruch. Hinzu kam die scharfe Luft in Sibirien. Erst waren die Lippen kaputt schon von dem Hering das wurde nachher alles besser, aber durch die scharfe Luft waren wir wieder kaputt und dann kriegte ich Lungenentzündung dann kam ich ins Revier Medikamente außer ein paar Medikamente die aus amerikanischen Beständen waren gab es nichts. Die Ärzte, die wir hatten die versuchten ihr bestes. Nach dem Motto bist du Gottes Sohn so hilf dir selbst. Ich hatte Glück, ich hatte das überstanden bin aber noch ins Lazarett gekommen in Popejewsk war es so es gab ein Revier wo die leichter erkrankten reinkamen und dann das Lazarett. Der Unterschied war das es etwas besseres Essen gab und die Strohsäcke weiß bezogen waren und wir hatten einen Arzt, einen russischen Arzt, Er solle Jude gewesen sein. Der war in deutscher Gefangenschaft und dieser Arzt, der hatte aus seiner eigenen Tasche Eier mitgebracht, Quark und alles so was. Hat immer die Leute, die Kameraden gefragt wenn sie auf irgendetwas Appetit hatten, ob sie was haben wollen. Das hat der gemacht. und der war in deutscher Gefangenschaft gewesen, sprach gut Deutsch und der Arzt hieß Abramow und durfte aber keine Schulterstücke tragen, weil er eben bei den Sowjets als Verräter galt. Es war ja sowieso, alle die in deutscher Gefangenschaft waren, waren Verräter und es waren auch die diejenigen Verräter, die in Deutschland Zwangsarbeit leisten mussten. Denn wir haben ja nachher auf den Baustellen haben wir ja Kontakt gehabt mit vielen ehemaligen Zwangsarbeitern, die hier in Deutschland tätig waren. Die haben uns immer wieder gesagt wir würden heute noch nach Deutschland zurückgehen als morgen denn die sind ja kaum in ihre eigene Heimat zurückgekommen. Die sind alle nach Sibirien gekommen und mussten dort, weil sie als Verräter galten ihre Zwangsarbeit ableisten. Ja so gingen die Jahre dahin. 1948 wurde das alles etwas besser. Es wurden auch Mittel eingesetzt gegen die Wanzen, um das ganze Ungeziefer klein zu kriegen und wie gesagt ich hatte auch großes Glück denn die Arbeitsgruppen, die eingeteilt waren, war 1, 2, 3 und oK. 1 waren die Besten, 2 die etwas schlechteren und 3 war mittelmäßig und 4 oK war hieß ohne Kommando, also wir abgemagerten und da hatte ich dann Glück das ich durch den Spieß der Wirtschaftskompanie auch ein Gefangener, der hatte mich dann ausgesucht für Schreibarbeit russische Farbepfähle ausstellen usw. hatte ich das Glück eben mich wieder aufzupäppeln. Da hat er gesagt, dich kriegen wir schon wieder hin. Ich war ja schon apathisch. Dadurch war ich ja nachher auch wieder arbeitsfähig und hab dann nach meiner Schicht wo ich gearbeitet habe, ich hab im russischen Bergbau gearbeitet sie werden das ja kennen nicht, russischen Bergbau, wir hatten einen Steiger aus dem Ruhrgebiet der hat gesagt, als wir ihn gefragt hatten das ist doch unmöglich in solchen unter solchen Bedingungen hier zu arbeiten, da hat er gesagt, ja bei uns in Deutschland wär ein Schild rangekommen „Betreten verboten“ Lebensgefahr. Es waren viele Unfälle und wir haben bei 30/40 Grad Kälte oben im Schorf Holz transportiert im liegen runter zu den Hauern, die dann auch die Strecke verbaut haben die abgebaut wurde also es war unmenschlich gewesen. Na ja jedenfalls aus der kurzen Auskunft sind 4 Jahre vergangen am 20.November 1949 kam dann eine Kommission und nein am 19. Moment ich war in der Zwischenzeit – ich muß mir die Sache erst noch einmal überlegen.

Durch einen Arbeitsunfall und durch einen Schock wurde ich krank hatte eine Nervenlähmung im Gesicht und Hand und kam ins Zentrallazarett nach Stalintz. In dem Zentrallazarett habe ich eine Bestrahlung gekriegt und von da aus bin ich nach Hause gefahren und jeder wurde befragt bevor die Kommission aus Moskau kam, die ja wieder Leute ausgesucht hat, die irgendwie bei der Wehrmacht irgendwie Offiziere waren, höhere Offiziere und die dann von uns abgesondert wurden, wurden wir dann befragt, ob wir laufen könnten nach Stalintz ins Lager unten, denn wir waren oben in den Bergen und da haben wir gesagt – ja und über Nacht kam ein starker Schneefall und dann haben sie LKW gebracht, die sogenannten amerikanischen LKW die Stutebagger da haben sie uns verladen und wir sind dann stecken geblieben und dann wurden wir noch mal dem Arzt vorgestellt und dann wurden wir noch mal gefragt ob wir zu Fuß gehen könnten- ja wir gehen zu Fuß - und das waren ungefähr 15 Kilometer bis zum Lager in der Stadt unten ja. Ja nächsten Morgen war strahlender Sonnenschein und da standen lauter .... Schlitten vor dem Lager, da konnten wir uns rauflegen und dann wurden wir runtergefahren. Es war natürlich unter diesen Umständen bequemer als zu laufen, denn der Schnee war ja so hoch. Ja und in diesem Lager da wurde uns dann offiziell mitgeteilt, ihr könnt nach Hause fahren, ihr werdet neu eingekleidet und dann ging es am 20. November 1949 nach Hause. Anfang Dezember, also fast 4 Jahre zur gleichen Zeit bin ich dann im Kronenfelde in Frankfurt/Oder in dieser Kaserne angekommen und da wurden wir noch einmal entlaust und dann kriegten wir 50 DDR-Mark für die 4 Jahre und dann konnten wir uns das 1. Bier kaufen und das 1. Stück Brot und dann sind wir nach Hause gefahren und da bin ich dann abends in Brandenburg / Hauptbahnhof angekommen in meiner Heimkehreruniform – in Anführungsstrichen – und da stand ich vor der Tür zu Hause. Ja das waren 4 Jahre Jugend, 4 Jahre meines Lebens Ich habe nie jemandem etwas getan. Es war eben wie gesagt was ich erlebt habe war grauenhaft ich habe das verglichen mit den KZ s der Nazis. Da war kein großer Unterschied. Es war von Stalin befohlen und Beria, das war der Himmler von Stalin. Es war befohlen Leute festzusetzen egal was sie sind und noch Arbeitskräfte zu gewinnen, denn es anders kann ich mir das nicht erklären. Ich hatte auch vor gleich nach Westdeutschland zu gehen aber meine Eltern haben mich davon zurückgehalten und so bin ich dann eben hier geblieben habe wie schon gesagt, meine Stasiakte war schon 1956 angelegt worden, da waren schon 3 Decknamen. Also wurdest du beleuchtet und ja bis dann zur Wende habe ich versucht diese Geschichte, mal dieses schwarze Kapitel für Brandenburg aufzuarbeiten. Es wurde von allen zur Kenntnis genommen, aber großes Interesse war nicht vorhanden, das war erst in den letzten Jahren aber trotzdem. Es gibt ja in Sachsenhausen 2 Lager wo das eine Nazilager heute noch laufend in der Presse erscheint, aber von dem anderen kaum was und das war meine erste Karte geschrieben am 28. 12. 1947 25 Worte aus Russland, da haben meine Eltern das erste Mal Nachricht gekriegt und die war Ostern 1948 zu Hause. 25 Worte mit Anrede und Unterschrift. Ja und ich habe noch mehrere Karten nachher durften wir ja ab 48 öfter schreiben. Diese Karte habe ich noch für Brot eingetauscht von einem Schlesier, der nicht wusste wo seine Angehörigen sind und da ich sowieso schon kaum Appetit hatte zu der Zeit ich habe geschrieben mir geht es gut bin gesund, genau das Gegenteil war der Fall aber was tut man nicht alles in der Hoffnung, das die Eltern wenigstens mal eine Nachricht kriegen.

Ja. Das war so meine Geschichte. Ich wollte immer noch ein Buch schreiben über Sibirien aber ich habe es gelassen, ich habe Berichte geschrieben über meine GPU-Zeit hierm im Keller 6 Wochen, über Jamlitz, sie kennen das ja nicht, aber ich wollte auch noch über Ketschendorf schreiben aber ich habe es sein lassen, weil ich festgestellt habe, das eigentlich großes Interesse nicht da war. Es gibt zwischenzeitlich ein Buch „Der Pelzkistentransport“. Das habe ich besorgt und übrigens das Museum hat das auch. Das habe ich auch dem Herrn Dr. Kohnke zur Verfügung gestellt. Da sind hier Erinnerungen drin von einzelnen. Ich habe auch nicht gewusst das dieses Buch von dem Dr. Werner Teltow geschrieben wurde, der auch in Sibirien war, hinten sind die Listen drin, die Transportliste von Jamlitz und Ketschendorf und mein Name ist auch mit drin und die Registriernummer und alles was so ist. Ja. Regis-Aktennummer 33596 ja. Das war so meine Jugend gewesen. Ich hatte dann noch mal versucht Arbeit zu bekommen, da bin ich zum Arbeitsamt gegangen und da hat man mir gesagt, ich könnte ja in Bergbau gehen und da habe ich gesagt- nein das kommt überhaupt nicht in Frage – das mach ich nicht und mein Vater der war ja durch die Zwangsweise Vereinigung in der SED drin, der war alter SPD-Mann schon früher der kannte ja verschiedene Leute hier in Brandenburg aus den 20er Jahren die nachher wieder hier in Brandenburg tätig waren in der Stadt und da ist der dann ist er hingegangen und hat gesagt, ich möchte mal von euch wissen wo mein Junge ist und da haben sie ihm geantwortet, geh los sonst kommst du auch dorthin. So war das gewesen in Brandenburg. Ich könnte auch den Namen nennen, der das gesagt hat, aber das möchte ich weniger, das möchte ich nicht. Mein Vater ist dann auch nachher aus der Partei ausgetreten und hatte natürlich auch viele Schwierigkeiten aber na ja. Er war Handwerker von Beruf, er gehörte auch nicht der NSDAP an. Na ja und ich war in der HJ, wer war nicht drin. Für uns war das wie gesagt als Flieger-HJ Sport. Wir haben ..... geschult draußen, genau wie nachher die FDJ, in der Mötzower Landstraße. Ja und habe dieses Jahr meinen Traum mal wieder wahr gemacht. Dann bin ich über Brandenburg geflogen und habe gestaunt wie schön Brandenburg von oben aussieht und habe das gut vertragen. Man hat zu mir gesagt, Menschenskinder du könntest noch einmal deinen Pilotenschein machen. Mit dem bisschen Elektronik was wir im Flugzeug drinnen haben hast du im Auto auch. Ne sage ich, ich werde 77 aber deswegen fliege ich trotzdem mit. Ja das ist meine Geschichte gewesen.