Otto Sidow
Otto Sidow wurde am 1.5.1857 in Friesack als nichtehelicher Sohn der Dienstmagd Caroline Sidow geboren. Caroline Sidow stand wie ihre Verwandtschaft in Diensten der Grafen Bredow. Graf Karl Friedrich Emil von Bredow wurde 1856 als Vater von acht Kindern Witwer. Zehn Jahre später heiratete er erneut. Daraufhin zog Caroline Sidow mit Sohn Otto und einer für die damalige Zeit gänzlich unüblichen Abfindung nach Brandenburg. Dass Graf v. Bredow sein Vater war, hatte Otto Sidow noch seinen Kindern verschwiegen.
Mit der ihr gezahlten Abfindung kaufte sich Ottos Mutter in Brandenburg einen kleinen Laden und heiratete den verwitweten Lebensmittelhändler Wilhelm Lampe, der vier Kinder mit in die Ehe brachte. Caroline S. verstarb 1873. Lampe betrieb seinen Laden vermutlich von seiner Wohnung, zunächst in der Temnitzstraße, später in der Steinstraße 26.
Nach Abschluss der Schule begann Sidow eine Lehre zum Zigarrenmacher. Zur damaligen Zeit handelte es sich bei der Zigarrenmacherei um ein florierendes Gewerbe. Es gab mehr Zigarrenmacher in Brandenburg als Maurer, Zimmerleute, Bäcker oder Fleischer. Bemerkenswert ist, dass die Zigarrenmacher politisch und gewerkschaftlich außerordentlich aktiv waren. Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass das Gewerbe häufig gemeinschaftlich betrieben und einer während der Arbeit als Vorleser beschäftigt wurde, der den Kollegen unter anderem aus Zeitungen und Flugschriften die neuesten Nachrichten vorlas und kommentierte. Da der Lohn nach Stückzahl gezahlt wurde, glichen die Kollegen den Arbeitsausfall des Vorlesers aus. Otto Sidow war ein solcher Vorleser. Nach einer 1875 und 1876 im hessischen Lorsch verbrachten Zeit kehrte Sidow nach Brandenburg zurück. Da ihm zur damaligen Zeit für diese Reise ins Großherzogtum Hessen ein Reisepass ausgestellt werden musste, ist bekannt, dass Sidow nur 1,58m groß war. Sidow war bereits frühzeitig partei- und gewerkschaftspolitisch aktiv. Nach konspirativer Tätigkeit unter Geltung des Sozialistengesetzes war Sidow 1890 Mitbegründer des SPD-Ortsvereins in Brandenburg an der Havel.
Er war seit Beginn Mitarbeiter der sozialdemokratisch ausgerichteten Brandenburger Zeitung „Organ für die Interessen der arbeitenden Klassen“, deren erste Ausgabe am 1.1.1891 erschien und deren Geschäftsführer und Herausgeber er fünf Jahre später wurde. Es handelte sich um die erste ernstzunehmende Konkurrenz zum bis dahin dominierenden konservativ-bürgerlichen Brandenburger Anzeiger. Nach kleinsten Anfängen, die Zeitung wurde in einem Hinterhof mit Muskelkraft gedruckt, erweiterte die Brandenburger Zeitung ihre Reichweite erheblich und gewann auch überregional Bedeutung. Bereits 1900 wurde die Zeitung von 6.000 Abonnenten bezogen. Seine publizistische Tätigkeit führte zu einem sechswöchigen Gefängnisaufenthalt im Steintorturm wegen Beleidigung. In einer Beilage der Zeitung hatte Sidow dazu aufgerufen, ein bestimmtes Lokal zu meiden, da man dort der SPD Räume für Veranstaltungen verweigere.
Die Haltung von Sidow zum 1.Weltkrieg war zwiespältig. Zwar wollte er den Eindruck vermeiden, bei den Sozialdemokraten handele es sich um „vaterlandslose Gesellen, doch sah er die Erfolgsaussichten realistischer, als die Masse der Bevölkerung. So schrieb Sidow bereits im August 1914 als sein Schwager, der als Berufssoldat nur noch 90 km vor Paris stand, auf offener Karte an seinen Sohn:
„Wünschen kann man nur, dass dieser unselige Krieg, der alle Völker und Volksteile trifft, recht bald beendet werden möchte. Die Hoffnung auf baldigen Frieden ist jedoch gering. Es sind zu viele Feinde, die immer wieder neue Hilfskräfte heranziehen können.“
Sidows Sohn schrieb aus dem Schützengraben, gerade dem Tode entronnen einen Artikel für die Brandenburger Zeitung, der wie folgt schloss:
„...Friede, Friede, schreit alles hier draußen. Nicht mehr Friede unter diesen oder jenen Bedingungen – nein Friede um jeden Preis! Nieder mit diesem Lumpengesindel von Alldeutschen und Konservativen. Ihnen gelte der Krieg. Mit der blanken Waffe gehe man auf sie, damit sie wissen, was es heißt, um sein Leben zu bangen.“
Seit 1898 war Sidow Stadtverordneter für die SPD und blieb dies bis zu seinem Tode 1927. Von 1919 bis 1924 und von 1926 bis zu seinem Tode war er Stadtverordnetenvorsteher. Von 1919 bis 1925 war er zudem Mitglied der Nationalversammlung, bzw. des Reichstages. Aufgrund seiner Verdienste um die Stadt Brandenburg wurde Sidow, der über Parteigrenzen hinaus anerkannt war, 1922 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Brandenburg verliehen. Seit dem 1.5.1927 ist die Otto-Sidow-Straße nach ihm benannt.
Lit.: Dankward Sidow: Otto Sidow, Leben und Wirken, Mutmaßungen und Tatsachen, in Erinnerungen an eine Rote Hochburg, Friedrich Ebert Stiftung, 2012
Mit der ihr gezahlten Abfindung kaufte sich Ottos Mutter in Brandenburg einen kleinen Laden und heiratete den verwitweten Lebensmittelhändler Wilhelm Lampe, der vier Kinder mit in die Ehe brachte. Caroline S. verstarb 1873. Lampe betrieb seinen Laden vermutlich von seiner Wohnung, zunächst in der Temnitzstraße, später in der Steinstraße 26.
Nach Abschluss der Schule begann Sidow eine Lehre zum Zigarrenmacher. Zur damaligen Zeit handelte es sich bei der Zigarrenmacherei um ein florierendes Gewerbe. Es gab mehr Zigarrenmacher in Brandenburg als Maurer, Zimmerleute, Bäcker oder Fleischer. Bemerkenswert ist, dass die Zigarrenmacher politisch und gewerkschaftlich außerordentlich aktiv waren. Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass das Gewerbe häufig gemeinschaftlich betrieben und einer während der Arbeit als Vorleser beschäftigt wurde, der den Kollegen unter anderem aus Zeitungen und Flugschriften die neuesten Nachrichten vorlas und kommentierte. Da der Lohn nach Stückzahl gezahlt wurde, glichen die Kollegen den Arbeitsausfall des Vorlesers aus. Otto Sidow war ein solcher Vorleser. Nach einer 1875 und 1876 im hessischen Lorsch verbrachten Zeit kehrte Sidow nach Brandenburg zurück. Da ihm zur damaligen Zeit für diese Reise ins Großherzogtum Hessen ein Reisepass ausgestellt werden musste, ist bekannt, dass Sidow nur 1,58m groß war. Sidow war bereits frühzeitig partei- und gewerkschaftspolitisch aktiv. Nach konspirativer Tätigkeit unter Geltung des Sozialistengesetzes war Sidow 1890 Mitbegründer des SPD-Ortsvereins in Brandenburg an der Havel.
Er war seit Beginn Mitarbeiter der sozialdemokratisch ausgerichteten Brandenburger Zeitung „Organ für die Interessen der arbeitenden Klassen“, deren erste Ausgabe am 1.1.1891 erschien und deren Geschäftsführer und Herausgeber er fünf Jahre später wurde. Es handelte sich um die erste ernstzunehmende Konkurrenz zum bis dahin dominierenden konservativ-bürgerlichen Brandenburger Anzeiger. Nach kleinsten Anfängen, die Zeitung wurde in einem Hinterhof mit Muskelkraft gedruckt, erweiterte die Brandenburger Zeitung ihre Reichweite erheblich und gewann auch überregional Bedeutung. Bereits 1900 wurde die Zeitung von 6.000 Abonnenten bezogen. Seine publizistische Tätigkeit führte zu einem sechswöchigen Gefängnisaufenthalt im Steintorturm wegen Beleidigung. In einer Beilage der Zeitung hatte Sidow dazu aufgerufen, ein bestimmtes Lokal zu meiden, da man dort der SPD Räume für Veranstaltungen verweigere.
Die Haltung von Sidow zum 1.Weltkrieg war zwiespältig. Zwar wollte er den Eindruck vermeiden, bei den Sozialdemokraten handele es sich um „vaterlandslose Gesellen, doch sah er die Erfolgsaussichten realistischer, als die Masse der Bevölkerung. So schrieb Sidow bereits im August 1914 als sein Schwager, der als Berufssoldat nur noch 90 km vor Paris stand, auf offener Karte an seinen Sohn:
„Wünschen kann man nur, dass dieser unselige Krieg, der alle Völker und Volksteile trifft, recht bald beendet werden möchte. Die Hoffnung auf baldigen Frieden ist jedoch gering. Es sind zu viele Feinde, die immer wieder neue Hilfskräfte heranziehen können.“
Sidows Sohn schrieb aus dem Schützengraben, gerade dem Tode entronnen einen Artikel für die Brandenburger Zeitung, der wie folgt schloss:
„...Friede, Friede, schreit alles hier draußen. Nicht mehr Friede unter diesen oder jenen Bedingungen – nein Friede um jeden Preis! Nieder mit diesem Lumpengesindel von Alldeutschen und Konservativen. Ihnen gelte der Krieg. Mit der blanken Waffe gehe man auf sie, damit sie wissen, was es heißt, um sein Leben zu bangen.“
Seit 1898 war Sidow Stadtverordneter für die SPD und blieb dies bis zu seinem Tode 1927. Von 1919 bis 1924 und von 1926 bis zu seinem Tode war er Stadtverordnetenvorsteher. Von 1919 bis 1925 war er zudem Mitglied der Nationalversammlung, bzw. des Reichstages. Aufgrund seiner Verdienste um die Stadt Brandenburg wurde Sidow, der über Parteigrenzen hinaus anerkannt war, 1922 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Brandenburg verliehen. Seit dem 1.5.1927 ist die Otto-Sidow-Straße nach ihm benannt.
Lit.: Dankward Sidow: Otto Sidow, Leben und Wirken, Mutmaßungen und Tatsachen, in Erinnerungen an eine Rote Hochburg, Friedrich Ebert Stiftung, 2012