Konrad Georg Eichler Verwaltung für die Menschen

Aus einfachen Verhältnissen in die weite Welt nach Brandenburg an der Havel

Konrad Georg Eichler wurde am 15. Januar 1884 in Giebichenstein bei Halle an der Saale geboren und verbrachte seine Jugend in Leipzig, wo er die 1890 bis 1898 die Schule besucht. Den Besuch der höheren Schule erlauben die materiellen Verhältnisse des Vaters, seine Mutter starb 1899 , nicht. Er erlernte den Beruf des Lithographen und besuchte daneben die Gewerbeschule. Nach Stationen u.a. in Straßburg kam er im September 1903 nach Brandenburg an der Havel. Hier erhielt er eine Arbeitsstelle und wurde, wie er in seinem Lebenslauf schrieb, heimisch und lebte in „glücklichen Familienverhältnissen“. 1904 trat er in die SPD ein. 1908 heiratet er seine erste Frau, mit der er drei Kinder hatte. Von Weihnachten 1914 bis Herbst 1917 leistete er mit Unterbrechungen seinen Kriegsdienst. Als „Bücherwurm und Stubenhocker“, wie er sich selbst charakterisierte, konnte er den körperlichen Belastungen auf Dauer nicht standhalten und zog sich 1915 einen schweren Lungenschaden zu.

Für eine soziale Kommunalpolitik!

Am 01.04.1919 wurde er zum Arbeitersekretär berufen. Er half als Leiter der Rechtsauskunftsstelle der Gewerkschaften Arbeitern durch juristische Beratung in Konfliktfällen. In dieser Funktion hielt er auch Vorträge auf verschiedenen Versammlungen. Kurz darauf begann mit dem Einzug in die sozialdemokratische Fraktion der Stadtverordnetenversammlung seine kommunalpolitische Karriere. Es waren die sozialen Themen, die ihm am Herzen lagen. Im Stadtparlament engagierte er sich in der Schul-, der Wohlfahrts- und der Wohnungsdeputation. Am 24. November 1922 wird Eichler mit 40 von 42 Stimmen durch die Stadtverordneten zum besoldeten Stadtrat gewählt und auf die preußische Verfassung vereidigt. In seiner neuen Position war er für die Bildungs- und Sozialverwaltung der Stadt zuständig. Mit dem Aufstieg in ein hohes Verwaltungsamt konnte er einige Erfolge verbuchen. Zu diesen zählte er selbst z.B. die Durchsetzung des Krankenhausneubaus zwischen 1925 und 1927, die Errichtung des städtischen Hallenbades sowie die Restaurierung der Wredow’schen Zeichenschule.
Seine Amtszeit blieb aber nicht ohne Kontroversen. Die bürgerliche Presse und die Stadtverordnetenfraktion der Bürgerlichen Arbeitsgemeinschaft unterstellten ihm Unfähigkeit in der Führung seines Amtes. Die Kommunisten griffen ihn in ihrer lokalen Parteizeitung Rote Brandenburger Zeitung (BZ) als Feind der Armen an. Die schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse in Zeiten der Wirtschaftskrise ab 1929 trugen ihren Teil dazu bei. Als ihn die SPD 1932 als Oberbürgermeisterkandidaten aufstellte, legten die Mitglieder der Bürgerlichen Arbeitsgemeinschaft und die Nationalsozialisten ihre Stadtverordnetenmandate nieder. Sie begründeten dies mit seiner fachlichen Ungeeignetheit und Konfessionslosigkeit.

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Die schwere Zeit

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Konrad Eichler zunächst ohne Bezüge entlassen. Es begannen schwere Jahre existentiellen Mangels. Zunächst arbeitslos, muss er ab 1933 um seine Rente kämpfen. In diesem Zusammenhang wendet er sich wiederholt mit Briefen an den Oberbürgermeister, zuerst an Erich Kreutz, später an Wilhelm Sievers. In ihnen bringt er seine Verzweiflung zum Ausdruck. Am 21. Juni 1941 schreibt er:

„Ich habe inzwischen geglaubt, man würde mich und meinen Namen vergessen und mir einen ganz bescheidenen Lebensabend ermöglichen. Es ist nicht so.“

Wichtig war für ihn der Fakt, dass er gewählt und nicht ernannt wurde.
Ohne ein ständiges Einkommen verschlechterte sich die soziale Lage der Familie in dieser Zeit zunehmend. Eichlers Frau Anna war sehr krank und hatte sich bereits mehreren Operationen unterziehen müssen. Zwei der drei Kinder waren noch schulpflichtig. Ab August 1938 fand er eine Teilzeitanstellung als Buchhalter in einer Kleiderfabrik. Diese gab wiederholt Anlass, seine Rentenbezüge in Frage zu stellen. Das familiäre Unglück wurde 1942 noch vergrößert, als Anna Eichler starb. Trotz der großen Belastungen schaffte es Konrad Eichler, sich und seine Familie bis zum Kriegsende durchzubringen.

Vom Wiederaufbau ins Exil

Als die Rote Armee in Brandenburg einmarschierte, wurde Eichler Bürgermeister. In dieser Zeit arbeitete er aktiv am Wiederaufbau und der Versorgung der Stadt mit. 1952 heiratete er sein Sekretärin Ilse Müller. 1955 wurde die gemeinsame Tochter Christiane geboren.
Nachdem er im Oktober 1950 unfreiwillig wegen seines Alters aus dem Amt schied, wurde er Vorstand des Bau- und Sparvereins. Ein von Ihm verfasster Beitrag zur Festschrift zum 60. Jubiläum ließ ihn bei der Partei in Ungnade fallen. Ein Termin bei der SED-Kreisleitung brachte für ihn das Fass zum Überlaufen. Seine Frau berichtete in ihrem Tagebuch, dass Eichler so in Rage geriet, dass er ein Tintenfass auf den Tisch warf und ging. Schon vorher hatte man ihn des „Sozialdemokratismus beschuldigt“ Spontan floh er am 20. September 1958 mit seiner Familie über West-Berlin aus der DDR. Die Familie ließ sich mit Hilfe des ehemaligen Brandenburger Stadtamtsmanns Otto Schwarz in Langenhagen nieder, da dieser dort nach seiner Flucht Gemeindedirektor war. Hier wurde er wieder SPD-Mitglied, nachdem er seit der Zwangsvereinigung von KPD und SPD SED-Mitglied war. Am 15. Juni 1969 starb Konrad Eichler nach kurzer Krankheit im Alter von 85 Jahren. Seine letzte Ruhestätte fand er auf eigenen Wunsch in Brandenburg an der Havel.