Karl Erbs

Karl Erbs, geb. 31.7.1885, gest. 3.1.1970, war zunächst Stadtbaurat in Reichenbach / Niederschlesien, von 1928 – 34 und 1945- 46 Stadtbaurat in Brandenburg an der Havel, dann Ministerialbaudirektor der Provinz Brandenburg, seit 1953 Professor an der TU Berlin. Erbs verantwortete ein großes Wohnungsbauprogramm nach sozialdemokratischen Grundsätzen in Formen der neuen Sachlichkeit und bestimmte dadurch maßgeblich die städtebauliche Entwicklung von Brandenburg in der späten Weimarer Republik. Seine wichtigsten Projekte in Brandenburg waren das Wohlfahrtszentrum (zusammen mit Ludwig Schlegel) 1928 – 31, die Erwerbslosensiedlungen Klingenberg- und Gobbinstraße sowie die Stadterweiterung Linienstraße – Städtebahn. Erbs veröffentlichte 1930 das Buch „Trabantenstadt westlich Berlins“, in dem er die Vision eines Entlastungszentrums für die überbordende Millionenstadt als Ziel einer künftigen Landesplanung entwirft. Das wichtigste Problem, vor dem Erbs in der Stadt Brandenburg stand, war die Schaffung bezahlbaren Wohnraums für die stetig wachsende Bevölkerung der Stadt. Die Einwohnerzahl nahm von 52.071 1920 auf 64.190 1933 zu. Neue Wohnviertel wurden vor allem auf dem besseren Baugrund am Rande der Stadt gebaut, da in der Innenstadt fast durchweg wenig tragfähiger Baugrund vorherrschte, der aufwändige und damit teurere Gründungen erforderte. So wurde das größte Wohnbauprojekt in der Wilhelmsdorfer Vorstadt an der Wilhelmsdorfer Landstraße durchgeführt. Angestrebt war, dass die zu zahlende Miete nicht über einem Fünftel oder Sechstel des Lohnes eines Arbeiters liegen sollte.

Die am 7.9.1929 zur Jahrtausendfeier der Stadt eingeweihte „Jahrtausendbrücke“ wurde mit der Umgestaltung der unmittelbaren Umgebung (Fontane Klub) von Erbs entworfen (Mitarbeit L. Schlegel).
Unter den Nationalsozialisten blieb Erbs zunächst im Amt. In wohnungsbaupolitischer Hinsicht wurde das Einfamilienhaus auf eigener Scholle zum Leitbild. Erbs knüpfte an seine Erfahrungen im Siedlungsbau gegen Ende der Weimarer Republik an. Der Bau von Mietwohnungen wurde von ihm nicht mehr präferiert. Im Gegensatz zur „Neuen Sachlichkeit“ der Weimarer Zeit sollte man jedoch nunmehr an baugeschichtliche Traditionen anknüpfen. Sattel- und Walmdächer, Dachreiter, Sprossenfenster, Torbögen und Backsteinornamente inszenierten trügerische Idyllen. Aufgrund eines wesentlichen Ausbaus der Rüstungsindustrie werden jedoch kurzfristig Tausende neuer Wohnungen benötigt, so dass Mietwohnungsbau in großem Stil, zu einem wesentlich Teil finanziert durch den Wehrmachtshaushalt oder Rüstungsbetriebe selbst, weiterhin durchgeführt werden musste. Ein Beispiel ist die Walzwerksiedlung bei deren Entwurf „knappste Grundrissformung und Aufbaugestaltung erstrebt werden“ mussten, „um einen niedrigen Mietpreis sicherzustellen“, wie Erbs einräumte.
Auch Pläne zur Sanierung der Innenstadt werden von Erbs zu dieser Zeit Angriff genommen. Im Rahmen einer Aktion „Bandenburg soll schöner werden“, wurden vielfach jedoch lediglich baufällige Strukturen aus der Kaiserzeit entfernt und Putz sowie andere Ornamente entfernt.

Erbs musste 1938 aufgrund von Differenzen zwischen fachlichen Überzeugungen und politischen Forderungen sein Amt als Stadtbaurat aufgeben und arbeitet als Fachlehrer an Bauschulen.
Gegen Ende des 2.Weltkrieges wird Erbs am 4.5.1945 nach Besetzung der Stadt durch die Rote Armee erneut in sein Amt als Stadtbaurat berufen, wechselte jedoch bereits im Folgejahr in die brandenburgische Provinzialverwaltung. Schwerpunkt seiner Amtstätigkeit in der Stadt waren zunächst die anstehenden Enttrümmerungs- und Aufräumarbeiten. In diesem Zusammenhang ließ Erbs auch den noch erhalten gebliebenen kunsthistorisch bedeutsamen Renaissancegiebel des Kurfürstenhauses Haupt- Ecke Steinstraße abreißen. Aus Sicherheitsgründen mussten hier ohnehin Arbeiten durchgeführt werden. Eine für den Autoverkehr erstrebte größere Straßenbreite sollte nun erzielt werden. Zum gleichen Zweck war bereits unter dem Vorgänger von Erbs, Stadtbaurat Wolf, 1924 der Gehweg in einen Arkadengang verlegt worden. Erbs ließ jetzt auch die Reste des Kurfürstenhauses beseitigen.

Lit.: Bodenschatz / Seifert: Stadtbaukunst Brandenburg an der Havel, 1992