Sally Cohn

Sally Cohn wurde am 15.4.1879 als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Deutsch Krone geboren. Ab August 1901 leistete er Wehrdienst. Cohn studierte Rechtswissenschaften in Berlin und Breslau. Den Referendardienst leistete er in Posen und Danzig. Am 19.4.1906 wurde er beim AG Brandenburg an der Havel als Rechtsanwalt zugelassen. Am 4.1.1916 wurde er zur Luftschiffer-Ersatzabteilung eingezogen. Bis August 1918 kämpfte Cohn in Mazedonien und Frankreich. Er wurde zum Gefreiten befördert und erhielt das Eiserne Kreuz II. Klasse. Am 3.4.1919 wurde er zum Notar ernannt. Im öffentlichen Leben der Stadt Brandenburg engagierte sich Cohn in verschiedener Weise, so war er im Vorstand der Synagogen – Gemeinde und wurde zweimal für die DDP zum Stadtverordneten gewählt.

Am 1.4.1933, der von den Nationalsozialisten zum „Tag des Boykotts der Juden“ ausgerufen worden war, postierten sich zwei SA- und SS- Männer vor dem Büro des Rechtsanwalts und Notars Sally Cohn in der St. Annenstraße und hinderten „arische“ Besucher am Betreten des Gebäudes. Plakate wurden angebracht, auf denen vermeldet wurde, das Betreten des Büros oder der Wohnung von Cohn bedeute Landesverrat. Der aufsichtsführende Richter des Amtsgerichts Brandenburg teilte ihm telefonisch mit, ein Betreten des Gerichts durch ihn sei Hausfriedensbruch. Dies wurde so auch in der Presse veröffentlicht.
Am 6.5.1933 wurde für Sally Cohn durch Dr. Freisler vom preußischen Justizministerium auf Grund § 5 I der allg. Verfügung vom 25.4.1933 ein Vertretungsverbot erlassen. Cohn durfte daraufhin zunächst keine Mandanten mehr vertreten. Das Vertretungsverbot wurde aufgrund § 91b II – IV RAO (RGBl. I 1933, S.120) am 16.5.1933 wieder aufgehoben. Am 25.7.1933 wurde er gem. § 3 des Gesetzes über die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums aus seinem Amt als Notar entlassen. Da Cohn bereits vor dem 1.8.1914 als Anwalt zugelassen worden war, konnte er als „Altanwalt“ und ausgezeichneter Frontkämpfer an sich zunächst seine Zulassung behalten, durch Erlass des preußischen Justizministers vom 21.9.1933 wurde ihm die Zulassung als Rechtsanwalt jedoch gem. § 3 des Gesetzes über die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft vom 7.4.1933 entzogen, da er sich „in kommunistischem Sinne betätigt“ habe. Seine dagegen gerichtete Eingabe vom 20.10.1933 wurde durch das Justizministerium am 25.6.1934 zurückgewiesen. Persönlich angehört wurde er nicht. Konkrete Vorwürfe, gegen die er sich hätte wehren können, wurden nicht erhoben. Auch in der Lokalpresse war er zuvor als „Kommunistenverteidiger diffamiert worden.

Von Ende 1934 bis März 1941 war Cohn als Büroleiter des „Aufbringungswerks“, einer wohltätigen Einrichtung der jüdischen Gemeinde, in Berlin tätig. Seine Frau Grete Cohn arbeitete als Helferin in der dortigen Arztpraxis ihres Bruders, der aber 1938 nach Palästina emigrierte, so dass sie diese Stelle verlor. Ihre Brandenburger Wohnung (Packhofstraße 24) behielten sie bis ihr dortiger Vermieter im Herbst 1938 zur Kündigung gezwungen wurde. In der Pogromnacht vom 9.11.1938 sollte Cohn in Brandenburg verhaftet werden. Da er in Berlin war, konnte nur seine Wohnung durchsucht werden. Zwei beschlagnahmte Privatbriefe wurden in der Lokalpresse in verächtlicher Weise veröffentlicht.

Anschließend wurde Cohn von der Gestapo vorgeladen und unter Druck gesetzt, auszuwandern. Er musste sich täglich bei der Polizei melden. Erst im März 1941 erhielten die Eheleute ein Visum für die USA. Am 25.3.1941 wurden die Cohns mit etwa 60 weiteren Personen in einen Zug gesteckt, dessen Abteile versiegelt wurden. Sie durften den Zug bis zur spanischen Grenze nicht verlassen. Nach Durchquerung Spaniens konnten sie in Lissabon ein Schiff nach New York besteigen. Angekommen reisten sie weiter nach Little Rock, Arkansas zur Schwester von Grete Cohn. Kurz vor dem Rentenalter fiel es schwer, wirtschaftlich auf die Beine zu kommen. Mühsam hielten sie sich mit Zimmervermietung über Wasser. Grete Cohn verstarb erst 67jährig. Über den Entschädigungsantrag Cohns, der 1951 gestellt wurde, wurde erst nach Zwei Jahren und einer Intervention des Senators Fulbright entschieden. Seine Ansprüche wurden bis 1956 nach und nach abgegolten. Ein Rentenbescheid erging erst 1957.
Sally Cohn verstarb im September 1963 in Little Rock.

Lit.: BLHA Rep.: 4 A Kammergericht Berlin Pers. Akte Nr. 776, 5955; Bergemann, Ladwig-Winters, Für ihn brach die Welt wie er sie kannte, zusammen …, Juristen jüdischer Herkunft im Landgerichtsbezirk Potsdam, Köln 2003