Ost-Arbeiterinen

In der General-Ludendorffstraße (heute Bauhofstraße) in Brandenburg befand sich eine Gemeinschaftsunterkunft für polnische Zwangsarbeiterinnen. Die Lagerführerin, Frau Sombrowski, meldete im Jahre 1941 drei „besondere Vorkommnisse“ bei der „Ortspolizeibehörde Ausländeramt“. Die Polin Anna Gardes sei am 20.10.1941 nachts nicht in das Lager zurückgekehrt und habe privat beim Arbeitgeber Hoffmann (Wäscherei) geschlafen. Bei der Großwäscherei Hoffmann waren damals etliche Polinnen als Zwangsarbeiterinnen beschäftigt. Dort wurden auch für die Wehrmacht Aufträge ausgeführt. Frau Sombrowski schrieb in ihrer Anzeige:

„Ich bitte das Mädchen zu bestrafen, alle Polinnen tun was sie wollen. Warne ich sie, bekomme ich zur Antwort: Der Herr Hoffmann weiß Bescheid. Es erschwert meine Arbeit im Lager ungemein.“

Am 26.10. habe sie wieder das Lager verlassen. Sie wohne bei Hoffmann. Auch am 4.11. habe sie das Lager verlassen. Am 5.11. sei telefonisch mitgeteilt worden, sie wohne beim Arbeitgeber Hoffmann. Frau Hoffmann sei im Lager durch die Räume gegangen. Nach ihrem Verbot habe Frau Hoffmann sie vor den Polinnen angebrüllt. Die Polin habe sie mitgenommen und drei Tage in ihrer Wohnung behalten.
Die Polin Bronislawa Swientek habe ihre Post an die Adresse der Fa. Hoffmann umleiten lassen, da sie im Lager kontrolliert werde.
Frau Hoffmann wurde daraufhin auf Ersuchen der Ortspolizei von der Kriminalpolizei wegen des Verdachtes der „Polenfreundlichkeit“ vernommen. Sie sagte aus, am 19.10. habe sie kein Hausmädchen gehabt und die Gardas mit Genehmigung des Arbeitsamtes bei einer Familienfeier im Haushalt beschäftigt. Das Lager habe sie erst am 20.10. telefonisch erreichen können. Am 25.10. sei sie mit der Gardas zu ihrem Betriebsarzt gegangen, da der Polin gesagt worden sei, dass sie unter einer eventuell ansteckenden Hautkrankheit leide. Der Arzt habe geäußert, in ihrem Betrieb sei dies der erste Fall, während im Lager bereits der fünfte Fall aufgetreten sei. Als sie mit der Gardas Frau Sombrowski aufsuchte, habe diese die Gardas, ohne jede Erklärung mehrfach ins Gesicht geschlagen. Auch in anderen Fällen habe die Sombrowski bei ihr beschäftigten Polinnen Schläge verteilt, Essen gekürzt und warmes Essen vorenthalten, was sich zu Lasten der Arbeitskraft der Polinnen auswirke.
Frau Swientek sagte aus, sie habe ihre Mutter nicht gebeten, Briefe zur Fa. Hoffmann zu schicken. Sie habe auch nicht um Lebensmittelmarken gebeten. Die ihr ungefragt zugesandten Lebensmittelmarken habe sie ohnehin nicht verwenden können, da diese nur in Oberschlesien-Ost gültig gewesen seien.
Frau Sombrowski sagte zum Sachverhalt, sie habe bisher von den 19 Firmen, bei denen die Polinnen eingesetzt seien, nur mit der Fa. Hoffmann Probleme gehabt. Gegen Frau Hoffmann habe sie nichts. Es seien nur Probleme aufgetreten, da die Polinnen sich in zwei Gruppen aufgeteilt hätte. Sie sei deshalb gezwungen gewesen, des öfteren tätlich zu werden. Als Frau Hoffmann mit der Gardas das Zimmer der Polin inspiziert hatte habe sie der Gardas eine Ohrfeige gegeben. Frau Hoffmann habe daraufhin gesagt, dazu habe sie kein Recht. Sie würde den Polinnen auch zu wenig Brot und Wurst geben. Frau Hoffmann habe sich dann auch beim Lagerarzt über die Zustände beschwert. Der Arzt habe jedoch nach einer Kontrolle versichert, es sei alles in Ordnung. In Briefen der Mutter der Swientek habe sie Lebensmittelkarten gefunden und einbehalten. Sie gehe davon aus, dass die Swientek ihre Post zu Hoffmann umleite, damit sie weiterhin Karten erhalten könne.
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Der ermittelnde Kriminalpolizist konnte keinen Hinweis auf „Polenfreundlichkeit“ der Frau Hoffmann erkennen. Diese habe nur dafür sorgen wollen, dass die bei ihr arbeitenden Polinnen auch ihre volle Arbeitskraft gerade für die Abarbeitung der Aufträge der Wehrmacht behielten. Er gehe von Gehässigkeit der Sombrowski aus, da diese in anderen Fällen der Abwesenheit von Polinnen gar keine Meldung erstattet habe.

Quelle: Polizeiakte im Landeshauptarchiv