Gertrud Piter

„Allem Gerede zum Trotz – gerade in den Gewerkschaften gelangen Frauen nur selten in höchste Führungsämter.“

Gertrud Piter wurde am 12.2.1899 in Brielow alseines von sieben Kindern des Arbeiters Stefan und Franziska Piter geboren. Sie verließ die Volksschule mit einem Abschluss und arbeitete als 14-Jährige als Dienstmädchen, einem damals typischen Mädchenberuf. Es folgten Anstellungen in einer Zigarettenfabrik, den Corona-Fahrradwerken,, der Metallindustrie AG, der Kammgarnspinnerei Kummerlé und der Spielwarenfabrik Wiederholz.
Bereits in den 1920er Jahren war sie politisch interessiert. So trat sie 1924 aus der Kirche aus, wurde Freidenkerin und Sozius einer Gewerkschaft. Als KPD-Mitglied war sie im Roten Frauen- und Mädchenbund tätig. Im selben Jahr zog sie schließlich als einzige Frau der KPD ins brandenburgische Stadtparlament ein.
Ihre gewerkschaftlichen Bemühungen innerhalb des Deutschen Metallerbeiterverbandes (DMV) führten dazu, dass sie zur Betriebsrätin der Lineol Aktiengesellschaft gewählt, aber 1931 wegen ihres unerschrockenen Verhaltens wieder ausgeschlossen wurde.

Auch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten blieb Piter ihrem Engagement treu und beteiligte sich am Widerstand der illegalen KPD-Unterbezirksleitung, welche Otto Seeger anführte. Ab März 1933, nach Seegers Verhaftung, übernahm sie als Frau schließlich sogar seinen Posten. Als die illegale Unterbezirksleitung Brandenburg der KPD aufflog, wurde Gertrud Piter am 11.09.1933 ins Polizeigefängnis gesteckt, das sich in der Wache im Neustädtischen Rathaus befand. Sie wurde zehn Tage später in das KZ verfrachtet, das seit dem 24.8. bestand. Der regimenahe „Brandenburger Anzeiger“ berichtete an diesem Tage über das Lager: „Für manche Brandenburger möge dies Konzentrationslager eine Warnung sein, unsinnige politische Gerüchte in die Welt zu setzen oder durch Äußerungen bzw. Taten Sabotage am Aufbauwillen unserer Regierung zu treiben.“
Ein KPD-Mitglied, das zur gleichen Zeit in dem Lager saß, berichtete in einem Brief darüber, wie es Gertrud Piter erging: „Ich erfuhr, dass im linken Seitenflügel die erste Frau eingeliefert sei. Einen Tag berichtete ein SS-Mann folgende Scheußlichkeiten seiner SS-Kameraden: ,Solche Schweine, solche Halunken, diese Frau ist ja so standhaft. Tag und Nacht hat man sie geschlagen, aber sie gab keine Auskunft, wer ihre Mitarbeiter waren. Es war furchtbar, was ich an diesen Tagen gesehen habe. Der Kommandant war schlimmer als ein Tier. Aus vielen Wunden blutend, wurde sie von diesen Tieren am Fenster der Zelle aufgehängt, um die Spuren ihres Sadismus zu vertuschen.“Im Krematorium durfte die Mutter ein letztes Mal ihre Tochter sehen. Sie hob das Tuch hoch, mit der die Leiche verdeckt war, und sah, dass der Körper ihrer Tochter blutunterlaufen, blau und geschwollen war. Als sie das Tuch auch von den Füßen abnehmen wollte, ging der Aufseher dazwischen und verwies Mutter Piter des Raumes.

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Der Magdeburger Platz in Brandenburg ist 1950 in Gertrud-Piter-Platz umbenannt worden.
Eine Kindertagesstätte nahe des Nicolaiplatzes trug bis zu ihrer Auflösung im Jahre 2013 den Namen Gertrud Piters.
Eine Gedenktafel am Stadthaus am Nicolaiplatz (ehemals KZ) erinnert an den Tod der Politikerin.
In der Mühlentorstraße 15, wo Piter zuletzt lebte, befindet sich eine weitere Gedenktafel an der Fassade.
Lit.: Hesse: Als die SS Gertrud Piter ermordete