Volksaufstand 17.Juni 1953

"Die Regierung brachte uns Qualen, wir fordern freie Wahlen!".

Die Stadt Brandenburg gehört zu den frühesten und heftigsten Austragungsorten der allgemeinen Unzufriedenheit im Bezirk Potsdam. Es liefen am 17. Juni 1953 zwei Protestbewegungen zusammen: Die Arbeiter waren empört über die nicht zurückgenommene Arbeitsnormerhöhung vom 28. Mai und die Mittelschicht erwartete die rasche Durchsetzung des "Neuen Kurses" vom 11. Juni. Bereits am 12. Juni 1953 forderten Angestellte des Fuhrunternehmers Taege die Freilassung ihres Chefs Kurt Taege, der im Gefängnis in der Steinstraße inhaftiert war. Gegen 18 Uhr versammelten sich ca. 2.000 weitere Brandenburger. Kurt Taege wurde gegen Mitternacht freigelassen. Am 17. Juni 1953 gegen 7 Uhr streikten ca. 200 Angestellte der Bauunion im "Stahl- u. Walzwerk".
Sie bildeten einen Demonstrationszug in die Innenstadt. Diesem schlossen sich insgesamt ca. 15.000 Brandenburger an. Ihre Losung war u.a.: "Die Regierung brachte uns Qualen, wir fordern freie Wahlen!". Um 10 Uhr kam es zur Besetzung der SED-Kreisleitung. Gegen 10.15 Uhr wurde das Amtsgericht in der Steinstraße gestürmt, 14 Frauen sowie 28 Männer, die aus politischen Gründen inhaftiert waren, wurden befreit. Dabei schossen Polizisten und Justizangestellte auf die Demonstranten. Die Wut der Brandenburger entlud sich am aufgegriffenen Staatsanwalt Bechtel und dem Strafrichter Benckendorff, der auf dem Neustädtischen Markt misshandelt wurde. 12.45 Uhr drangen die Demonstranten in das Volkspolizeikreisamt ein. Dort schossen Polizisten auf die Demonstranten, wobei Günther Sülflohn, ein Frisör aus Plaue, schwer verletzt wurde. Danach fuhr sowjetisches Militär auf und erstickte den Aufstand. Gegen 17 Uhr kam es zur Verhängung des Ausnahmezustandes über den Bezirk Potsdam.

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NeustMarkt3
NeustMarkt1
Hof-Amtsgericht
Molkenmarkt
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Bis zum 23. Juni 1953 verhaftete der Staatssicherheitsdienst der DDR in Brandenburg und Kirchmöser 72 Personen, von denen 28 zu Strafen zwischen sechs und 15 Jahren Zuchthaus verurteilt wurden. Aus einem Bericht der Kreisdienststelle des Staatssicherheitsdienstes aus Brandenburg vom 23. Juni 1953: "Weder aus den Vernehmungen noch aus den GI- und GM-Berichten konnten Vorbereitungen für die faschistische Provokation des 17.6.1953 festgestellt werden." (GI, GM = Geheime Informanten, Geheime Mitarbeiter).