Mia Herm

Mia Herm (geb. Thiele) wurde 1906 in Deetz als Tochter eines Tischlers geboren. Sie hatte fünf Geschwister. Nach acht Jahren Volksschule arbeitete sie zunächst als Hausmädchen, später in verschiedenen Brandenburger Betrieben als Arbeiterin, z. B. in der Packerei der Textilfabrik Kummerlé. Die Luft war dort bei Anlieferung frisch gedämpfter Wolle so schlecht, dass mehrere Frauen umkippten, wie Mia Herm anlässlich eines Besuches im DDR-Nachfolgebetrieb, des VEB Brandenburger Kammgarnspinnerei, mitteilte. Es bestand ein striktes Verbot, die Fenster zu öffnen. Über die Zustände in der Fabrik Kummerlé erschien ein Artikel in der „Roten Fahne“. Mia Herm wurde verdächtigt, diesen Artikel verfasst zu haben, was ihr jedoch nicht nachgewiesen werden konnte. Wohl wegen ihrer kommunistischen Tätigkeit wurde Mia Herm gekündigt, auch wenn seitens des Arbeitgebers Arbeitsmangel behauptet wurde, was jedoch nachweislich falsch war, da ihre Kolleginnen nur für zwei Wochen freigestellt wurden und für Mia Herm eine andere Arbeitnehmerin eingestellt wurde. Der Vorsitzende des Textilarbeiterverbandes Drescher (SPD) sagte ihr zwar zu, gegen die Kündigung Klage zu erheben, ließ jedoch die Klagefrist untätig verstreichen, was Mia Herm darauf zurückführte, dass sie in kommunistischen Organisationen mitarbeitete und er vermutete, sie habe den Artikel in der „Roten Fahne“ verfasst.
Bereits im Alter von siebzehn Jahren war sie 1922 Mitglied der Gewerkschaft, 1923 des kommunistischen Jugendverbandes geworden. Aufgrund einer Streikteilnahme wurde sie in diesem Jahre gemaßregelt. Von 1926 bis zu dessen Verbot 1929 war sie Mitglied in der Geschwisterorganisation des Roten Frontkämpferbundes, dem Roten Frauen und Mädchenbund. Bei Demonstrationen trugen dessen Mitglieder einheitliche Kleidung: dunkler Rock, weiße Hemdbluse, graue Windjacke, eine graue Kappe oder ein rotes Kopftuch. Bald nach Eintritt sollte Herm in die Leitung der Organisation eintreten, was sie zunächst ablehnte, da sie sich nicht zutraute, vor vielen Leuten zu sprechen. Die Leiterin zeigte ihr den gerade im Nebenraum sprechenden Max Herm, ihren späteren Ehemann und Oberbürgermeister von Brandenburg mit den Worten:
„Bloß halb so eine Schnauze wie der brauchst Du. Das reicht für uns.“

HermZuchthaus-Jauer
BriefJAUER1MiaHerm
BriefJAUER2MiaHerm
HermZeichnung-Zelle


Unmittelbar nach dem Verbot trat sie in einer Versammlung in der Gastwirtschaft „Frosch“, Blumenstraße, Ecke Gr. Gartenstraße in die KPD ein. Im November 1932 wurde sie von der KPD zum Studium an die Internationale Leninschule der Kommunistischen Internationale in Moskau delegiert. Sie kehrte im Mai 1934 nach Deutschland zurück und arbeitete illegal in den Bezirksleitungen Halle – Merseburg und Magdeburg-Anhalt der KPD.
Nach dem Reichstagsbrand am 27.2.1933 zog sich ihr Ehemann, Max Herm, in die Illegalität zurück und tauchte in Berlin unter. Dieser Schritt ist umso bemerkenswerter, da sich auch seine Frau Mia zu diesem Zeitpunkt nicht in Brandenburg befand und der gerade mal vierjährige Sohn nun ohne Eltern aufwuchs.
Mia Herm wurde über die gesamte Zeit des Nationalsozialismus durch die Nazis verfolgt. Sie wurde am 3.2.1935 von der Gestapo verhaftet und am 2.8.1935 vom Volksgerichtshof wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Die nächsten 10 Jahre verbrachte sie im Zuchthaus in Jauer (Niederschlesien), größtenteils in einer Einzelzelle. Am 28.1.1945 wurde Mia Herm zusammen mit noch 960 Gefangenen kurz vor Eintreffen der Roten Armee auf einen Todesmarschkreuz und quer durch Deutschland geschickt. Am 12.5.1945 wurde sie von englischen Truppen im Zuchthaus Lübeck befreit.
Im Juli 1945 kehrte sie nach Brandenburg zurück und meldete sich bei der KPD, wo sie zur Org.- Leiterin des Stadtkreises ernannt wurde. Diese Funktion übte sie bis Oktober 1945 aus, bis eine Typhuserkrankung sie zwang die Stellung aufzugeben. Anschließend hatte sie verschiedene Positionen in der Partei und Massenorganisationen, wurde 1949 hauptamtlich angestellt als Stadträtin für Arbeit und Sozialwesen, Vorsitzende der Parteikontrollkommission, Vorstandsmitglied des VVN, Stadtverordnete, dort Schriftführerin.

Zu ihrem 75.Geburtstag wurde Mia Herm der Karl-Marx-Orden der DDR verliehen.

Audiobeiträge von Mia Herm:





Lit.: Helle Sterne in dunkler Nacht, o.J. herausgegeben von Bezirksleitung Potsdam der SED
von Mia Herm verfasster Lebenslauf BLHA 530 SED BL Pdm 8632
Zur Lage der Arbeiterinnen in der Fa. Kummerlé, Kammgarnspinnerei, ebda.